Das Stück cellotron, ursprünglich für Violoncello und Live-Elektronik, entstand in seiner ersten Fassung 2011, wurde aber 2012 nochmals umgearbeitet und 2013 schließlich um ein Video erweitert.
Das Cello als akustisches Instrument ist der Klanggenerator und Ursprungs- beziehungsweise Ausgangsort des Klangs, dessen Entwicklung zu einer musikalischen Gestalt jedoch erst durch die Live-Elektronik vollendet wird. Zwischen Interpret und Klangregisseur, Live-Elektronik und Cello(klang), Interpret und Cello(klang), Klangregisseur und Live-Elektronik, Interpret und Live-Elektronik sowie Klangregisseur und Cello(klang) soll ein Zusammenspiel beziehungsweise Interaktionen auf mehreren Ebenen entstehen. Musikalischer Ausgangspunkt ist immer das Cello.
Raumkonzept für den ZKM Kubus (42)
Daher war in der ersten Fassung vorgesehen, Cello und Interpret in der Raummitte zu platzieren. Diese szenische Umsetzung wurde allerdings nur bei der Uraufführung im Kubus des ZKM, Karlsruhe realisiert. Dies hat zur Folge, dass sich der Klang von der Mitte ausgehend in den ganzen Raum entwickelt, aber auch wieder zurückkehren kann. Der Interpret soll auf das musikalische Geschehen im Klangdom reagieren, indem er auf das Gehörte eingeht. Um die Verbindung zwischen dem akustischen Zentrum in der Mitte des Raums und dem Klangdom zu verstärken, habe ich einen Lautsprecher und den Sitz des Cellisten so platziert, dass der Klang sich von den äußersten Ecken des Raumes wieder zum akustischen Ausgangsort „zurückziehen“ konnte.
In der zweiten Fassung, habe ich neben einigen rein musikalischen Änderungen auch die Aufstellung des Interpreten und die Spatialisierung des Klangs verändert. Der Cellist ist nun in einer traditionellen Aufführungssituation frontal auf der Bühne platziert und die Verstärkung und Live-Elektronik sind, abgesehen von einigen räumlichen Effekten, auf ein stereophones Klangbild ausgerichtet.
In der dritten Fassung schließlich kommt eine Videoebene dazu, die auf eine semitransparente Leinwand projiziert wird, die vor dem Cellisten platziert ist. Das gesamte Stück habe ich außerdem in ein anderes größeres Werk eingefügt, in dem sich aus dem Cello Solo am Ende schließlich ein Trio für Cello, Klarinette und Klavier entwickelt (siehe auch 3.3. A-IV-9). Das Video enthält unter anderem Sequenzen, die vorab mit dem Interpreten in einem Raum aufgezeichnet worden sind. Diese Sequenzen sind anschließend in einem weiteren Schritt mit einem, sich bewegenden, Beamer projiziert und gleichzeitig abgefilmt worden. Durch die Projektion des wiederum projizierten Bildmaterials auf eine Gaze, hinter der wiederum der Interpret selbst sichtbar wird, konnte ich die live-elektronischen Klangschichtungen, die in cellotron eine wesentliche Rolle spielen, auch visuell nachbilden.
Wende ich nun das, in 2.3. Die Rolle des Interpreten, beschriebene Modell von Ciciliani auf die unterschiedlichen Versionen von cellotron an, ergeben sich auf den ersten Blick die Auswirkungen meiner Veränderungen. Auch wenn die Skalierung der einzelnen Parameter selbstverständlich nur bis zu einem gewissen Grad objektiv vorzunehmen ist, wird dennoch besonders bei der dritten Version des Stückes deutlich, wie sehr sich inszenatorische Faktoren, wie in diesem Fall die Projektion, auf die Gesamtwahrnehmung und den Charakter des Stückes auswirken.
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(42) Grafik: Florian Vitez
(43) Grafik: Florian Vitez